L'ultimo Interurbano di Milano, Tranvia interurbana Milano-Limbiate
Der letzte Interurban von Mailand.
Wer diesen Zug erwischen will, muss früh aufstehen.
Mailand, die Modestadt deren Verkehr sich normalerweise in einem Zustand irgendwo zwischen Scheintod und Kollaps befindet. Normalerweise würde ich es nie wagen mit dem Auto in diese Stadt zu fahren. Aber zwei Wochen im August lassen es zu. Ferragosto, in Italien die Betriebsferienzeit. ganz Milano liegt an diesem Datum irgendwo am Strand und lässt sich bräunen.
Hier in Limbiate gibt es noch einen letzten Vertreter einer ganz speziellen Eisenbahngattung, den sogenannten Interurbans oder auf Italienisch Tranvia Interurbana. Einer Mischung aus Überlandstrassenbahn, Stadtbahn und Eisenbahn. Die Linie Limbiate-Milano oder kurz Linie 179. Deren Kariere steil begann und nun eines langen Todes langsam stirbt. Der Fahrplan ist ausgedünnt und nur noch zur Hautverkehrszeiten bestehen ein paar weniger Verbindungen. Heute ist Samstag da fährt der Zug nur am Morgen, wenn man Glück hat.
Das Konzept der Interurbans stammte aus den USA und war dort sehr weit verbreitet. Es ist eigentlich das genaue Gegenteil einer Überlandstrassenbahn bei welcher die Strassenbahnfahrzeuge auf einer Eisenbahntrasse ausserhalb der Strasse fahren. Hier fahren Eisenbahnfahrzeuge auf Strassenbahnabschnitten im Bereich des Strassenverkehrs. Das System wurde um ca 1900 herum entwickelt und das war zu einer Zeit als es auf den Strassen erst wenige Autos gab und im Verkehr noch das Gesetz des Stärkeren galt. In Europa war das Konzept vor allem in der Schweiz verbreitet. Man denke an Bahnen wie die Chur Arosa Bahn oder die Dietikon-Bremgarten Bahn sowie die Bahnen im Chablais oder die Seetalbahn bei Lenzburg.
Rund um Milano entstand ein extrem grosses Netz an Interurbans. Man konnte Beispielsweise bis in die Stadt Bergamo mit der Interurban oder der Strassenbahn fahren. Nach dem zweiten Weltkrieg kamen sich Interurbans und der aufkommende privatverkehr immer mehr ins Gehege. Es wurden viele Strecken eingestellt und durch Busse ersetzt.
Heute besteht nur noch das rund 11,6km lange Stück zwischen Comasina und Limbiate. Diese Strecke wurde 1882 als Pferdestrassenbahn gebaut. Die Spurweite wurde damals wie fast überall in Milano mit 1445mm Breitspur gebaut. Die Strecke wurde 1900 mit 600Volt Gleichspannung elektrifiziert und 1920 bis nach Limbiate verlängert wo sie noch heute endet.
Anfänglich wurde die Linie von Edison betrieben ging dann an die Società Trazione Elettrica Lombarda kurz STEL und ab 1939 betreibt die Linie die Azienda Trasporti Milanesi kurz ATM.
Ab 1952 wurde die Strecke im Stadtbereich immer wieder verkürzt. Anfänglich besass die Strecke an beiden Enden eine Wendeschleife und Einrichtungsfahrzeuge bzw einen Triebwagen und angehängte Personenwagen welche über die Wendeschleife bequem gewendet werden konnten. Durch die Verkürzungen war das nicht mehr möglich und so musste der Triebwagen an den Endstationen immer umgesetzt werden. Schon 1959 sollte die Strecke durch eine neue Hochbahn ersetz werden. Was aber nie realisiert wurde. Es begann ein langer Niedergang. Neue Fahrzeuge für die Strecke gab es nie. Man behalf sich immer mit moderneren Fahrzeugen welche von anderen eingestellten Interurbans übernommen werden konnten. Die aktuellen Fahrzeuge der Baureihe 500 stammen von 1961, was aber nur vordergründig das Baujahr darstellt. Die Fahrzeuge wurden von der zwischen 1978 und 1982 eingestellten Schnellstrassenbahn zwischen Gorgonzola und Vaprio d'Adda und Mailand-Vimercate übernommen und bestehen eigentlich aus einem Triebwagen der Baureihe 500 von 1953 welcher zwischen zwei Steuerwagen der Baureihe 300 von 1930 fix eingeklemmt wurde und die Bezeichnung treni bloccati kurz Blocco 500 bekamen. Das Design versprüht den Charme der frühen 50er Jahre. Damals waren vor allem in Amerika diese aufgeblasenen Ballondesignes voll der Renner.
Seit 1999 wurde die vormals an das Strassenbahnnetz von Milano verbundenen Linie zur Insel. Mit der Eröffnung der U-Bahn bis Comasina wurde der Streckenast eingestellt und abgebaut. Seither gilt die Strecke als Rame secco, als dürrer Ast. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Strecke ganz eingestellt werden sollte. Als Ersatz wollte man eine Strassenunabhängige Stadtbahn bauen oder die Metro verlängern. Einigen konnte man sich nicht, Geld war sowieso nicht vorhanden. Die einstigen Industriezonen in den Vororten von Mailand sind heute riesige Brachen. Die Strecke folgt Kilometerweit Ruinen. Auch das ehemalige grosse Spital am Streckenende ist eine Ruine. Der ausgedünnte Fahrplan, die schlechte Pünktlichkeit und die langsame Fahrgeschwindigkeit runden das Angebot ab. Die orangen Züge werden von den Anwohnern liebevoll Frecciarangio als Ironischer Seitenhieb auf den in Italien sehr bekannten Frecciarossa Hochgeschwindigkeitszug. Wenn nun nicht doch noch ein Wunder geschieht, dann ist Ende September 2022 definitiv Schluss.