Klingbeil und Merz: Brauchen Energie aus Russland | maybrit illner vom 10.03.22
Einen vollständigen Energie-Importstopp kann sich Deutschland nicht leisten, finden SPD-Chef Lars Klingbeil und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz. 200 Millionen Dollar, so heißt es in der ZDF-Sendung "maybrit illner", fließen jeden Tag für Energielieferungen aus der Bundesrepublik in die russische Staatskasse. CDU-Chef Friedrich Merz ist gegen einen kompletten Stopp, fordert aber, den Bezug von Gas über die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 zu beenden. Ebenso wie der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil, sieht Merz das moralische Dilemma, den russischen Angriffskrieg in der Ukraine wirtschaftlich zu unterstützen.
Dennoch sagt Klingbeil: "Wir werden an den Gaslieferungen, Stand jetzt, festhalten, weil es eine Sanktion wäre, die wir nicht zwei, drei Jahre durchhalten können."
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Dies ist ein Ausschnitt der "maybrit illner"-Sendung vom 10. März 2022. Die ganze Sendung gibt es in der ZDF Mediathek: kurz.zdf.de/eEibd/
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Für CDU-Chef Friedrich Merz sind hingegen Verhandlungen des Westens mit Russlands Präsident Wladimir Putin schlicht nicht mehr vorstellbar. "Dieser Mann ist mittlerweile ein schwerer Kriegsverbrecher", so Merz. "Und das ganze System drumherum ebenfalls." Er habe große Zweifel, dass Putin jemals wieder an einem Verhandlungstisch einer Staatengemeinschaft sitzen werde. "Der Mann wird einen Strafbefehl bekommen vom internationalen Strafgerichtshof." Trotzdem müssten alle Versuche unternommen werden, diesen Konflikt "irgendwie zu beenden".
Carlo Masala kritisiert Erzählungen, die der Nato die Schuld am Ukraine-Krieg geben: "Dieses Narrativ, die Nato breitet sich aus und bedroht Russland, das stimmt einfach faktisch nicht", so der Professor für Internationale Politik. Masala betont, dass sich die Nato bis heute an Vereinbarungen mit Russland gehalten habe. Zum Zeitpunkt des Kriegsbeginns habe ein Nato-Beitritt der Ukraine außerdem nicht zur Debatte gestanden, so der Professor der Universität der Bundeswehr München.
Friedrich Merz fordert die Bundesregierung auf, schnell für die Registrierung der aus der Ukraine nach Deutschland kommenden Menschen Sorge zu tragen. Derzeit sei man zu Recht stolz darauf, "dass wir so viel Engagement in der Bevölkerung sehen", sagt Merz und fügt hinzu: "Aber das muss natürlich trotzdem alles organisiert werden und es muss vor allen Dingen registriert werden." Deutschland habe Erfahrungen aus den Jahren 2015/16, darunter seien auch schlechte. Anders als seinerzeit kämen die Flüchtlinge aus der Ukraine visafrei und hätten ein Aufenthaltsrecht in Deutschland. "Aber ich finde, wir müssen trotzdem wissen, wer da kommt." Immerhin gäbe es "die berechtigte Vermutung", dass das jetzt "nicht nur Flüchtlinge aus der Ukraine" seien. Deswegen wäre die Bundesregierung gut beraten, "jetzt hier sehr schnell dafür zu sorgen, dass auch eine Registration stattfindet", sagt Merz.
Eine Rechtsgrundlage für die Registrierung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine mahnte Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Die Linke) an. Berlin habe damit schon begonnen. Dennoch seien die Menschen de facto visafrei einreisende Touristen. Viele seien privat bei Verwandten und Bekannten untergebracht. "Wir können deren Daten erst dann aufnehmen, wenn die sich dann registrieren als Kriegsflüchtlinge", so die Senatorin. Das Bundesinnenministerium (BMI) forderte sie erneut auf, wenigstens Busse mit Menschen aus der Ukraine gleich in andere Städte und nicht nach Berlin fahren zu lassen.
Der frühere Bundesbildungsminister Klaus von Dohnanyi widersprach der These, dass man zukünftig eine militärisch ausgerichtete Haltung brauche: "Wir brauchen eine Haltung, die auf Frieden ausgerichtet ist, auf Verhandlungen und Ausgleich", so der SPD-Politiker. Die jetzigen Verhandlungen sollten aus seiner Sicht von einer Position ausgehen, dass die Ukraine nicht in die NATO müsse, sondern man auch mit ihrer Neutralität leben könne.
Die Gäste der Sendung:
Lars Klingbeil, Parteivorsitzender, SPD
Friedrich Merz, Partei- und Fraktionsvorsitzender, CDU
Daniel Andrä, Kommandeur Nato-Einsatztruppe in Litauen
Klaus von Dohnanyi, früherer Bundesbildungsminister, SPD
Carlo Masala, Professor für Internationale Politik, Universität der Bundeswehr München
Katja Gloger, langjährige Moskau- und USA-Korrespondentin des „Stern“
Katja Kipping, Berliner Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Die Linke
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